"Benzin quatschen"
Es gibt Dinge, die entstehen einfach. Keiner hat sie geplant oder gefördert. Der Motorrad-Treff auf dem Zoo-Parkplatz am Kaiserberg ist so ein Selbstläufer. Er nahm zwar seinen Ursprung auf der Uhlenhorstbrücke und musste, nachdem es dort zu eng wurde, vor 30 Jahren umziehen. Das tat dem Ganzen keinen Abbruch. Im Gegenteil.
Wer sonntags morgens bei schönem Wetter zufällig über die Carl-Benz-Straße in Höhe der
Autobahnabfahrt Kaiserberg fährt, bekommt den Eindruck, alle Motorräder dieser Welt hätten sich dort
versammelt. Gruppenweise biegen unterschiedlichste "Feuerstühle" zum unterhalb der Straße
gelegenen Zoo-Parkplatz, in Gegenrichtung staut sich ampelbedingt ein noch größerer Pulk am Hang.
Über allem liegt eine betörende Geräuschkulisse aus dem Blubbern der Cruiser, dem Kreischen der Straßenrenner und dem Sägen der Vespas.
Das Treiben auf dem Zoo-Parkplatz ist hektisch und ruhig zugleich. Während die gerade Eintreffenden
sich vorsichtig durch die Menge schlängeln und die Wiederabfahrenden sich genauso vorsichtig wieder
vom Parkplatz machen, stehen andere relaxed zwischen unzähligen abgestellten Motorrädern herum
und "quatschen Benzin". Das Gros der Anwesenden ist männlich und das Bekleidungsmaterial der Wahl Leder. Auch viele Gesichter sind vom Fahrtwind und der Sonne leicht angegerbt. Man(n) steht in Gruppen, begutachtet besonders imposante Mopeds - der Biker ruft auch eine 1.200er Maschine bescheiden
"Moped" - fachsimpelt, tauscht Zubehör und Erfahrungen, isst bei Hempels an der Bude Pommes und
lässt die Seele baumeln. An den Nummernschildern lässt sich ablesen, dass viele auch 300 Kilometer
auf dem Bock gesessen haben, um hier dabei zu sein.
Seit 30 Jahren ist der Zoo-Parkplatz am Kaiserberg einer der größten Motorrad-Treffpunkte in ganz NRW - jeden Sonntag zwischen 8 und 13 Uhr. Im Winter sind die Harten, die Wind und Wetter ignorieren, unter
sich. Im Sommer kommen unzählige Saisonbiker dazu. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr. Allein in Duisburg hat sich seit 1993 die Zahl der motorisierten Zweiräder auf über 20.000 annähernd verdoppelt.
Zwar wird jetzt sein 30. Geburtstag gefeiert, doch die Ursprünge des Motorrad-Treffs reichen noch ein
paar Jahre weiter zurück. Es muss so ums Jahr 1970 gewesen sein, als sich jeden Sonntag zehn bis
15 Motorradfahrer regelmäßig auf der Uhlenhorstbrücke über der A 3 trafen, fachsimpelten und dem
Treiben auf der Autobahgn zusahen. Es waren keine Halbstarken, sondern meist passionierte Gespannfahrer, oft mit Lederkappe und Ledermantel bekleidet (die Helmpflicht wurde erst 1976
eingeführt). Wieso sie gerade diesen Treffpunkt gewählt hatten, kann der frühere Duisburger
Krad-Polizist und heutige Ruheständler Kuno Köhler nicht mehr nachvollziehen. Er erinnert sich
allerdings sehr gut daran, dass im Laufe der Zeit die Zahl der versammelten Biker auf weit über
100 anstieg, was zur Behinderung des Verkehrs führte und sich zu einem regelrechten
Sicherheitsproblem entwickelte.
Die Polizei suchte 1974 das Gespräch mit den Bikern, die sich sofort einsichtig zeigten und den Ausweichtreffpunkt auf dem Zoo-Parkplatz akzeptierten. Doch auch hier lief es nicht ohne Probleme. So entstand z.B. ein wilder Flohmarkt, der der Stadt sauer aufstieß. Die Zoo-Leitung war verärgert, weil viele
ihrer Besucher verdrängt wurden. Sogar ein generelles Verbot stand Mitte der Neunzigerjahre im
Raum. Doch nach einigen großen Bikerdemos einigten sich die Beteiligten. Der Motorrad-Treff wurde
dem Verein Bikers Cooperation unterstellt, es wurden ganz feste Regeln zwischen den Bikern, dem Zoo
und der Stadt vereinbart, auf deren Einhaltung ein Ordnungsdienst achtet. Seitdem läuft der Treff ohne Probleme.
Am 3. Juli wird Geburtstag gefeiert - vor Ort auf dem Zoo-Parkplatz, aber an einem Samstagabend.
Die Musik kommt aus der Konserve, neben Hempels Pommesbude gibt es ein paar mehr Stände und
ein nach hinten offenes Ende. Über die alkoholischen Stränge wird auch keiner schlagen, da die Biker
darauf achten, gesund wieder nach Hause zu kommen, damit sie am nächsten Morgen und den
folgenden Sonntagen wieder zur Carl-Benz-Straße donnern können, um mit ihresgleichen zusammen
zu sein.
Quelle: applaus - Stadtmagazin für Duisburg - Ausgabe Juli/August 2004 |